Das Verschwinden der Wälder

Jährlich werden ungefähr 4,5 Millionen Fußballfelder Wald rund um den Globus abgeholzt. Die Gründe für das Waldsterben sind unterschiedlich. Eine Zusammenfassung von Magdalena Mayer, Marie-Sophie Schmidt und Chiara Swaton.

Zu jeder Zeit sind wir umgeben von Gegenständen aus Holz: Der Block, worin wir unsere Ideen und Gedanken notieren, der Parkett-Boden unter unseren Füßen, die Möbel in unserem Zuhause. Doch kaum jemand assoziiert diese Objekte mit einem gefällten Baum, oder?

Vor geraumer Zeit heißt es, dass 60% der globalen Landfläche mit Wäldern bedeckt waren. Heute messen die Waldanteile der Erde weniger als 10%. Abholzung nennt sich der Trend, wenn ganze Wälder gerodet werden, um das Land für andere Zwecke zu verwenden. Bei 7,5 Milliarden Menschen ist die Expansion der Städte unvermeidlich. Immer mehr Nahrung muss produziert werden, sodass die Agrarflächen und Viehweiden die unberührte Natur verdrängen. Heute sind 70% der Erde mit Wasser, 22% mit Landmasse, 5% mit Wäldern und 3% mit Regenwäldern bedeckt.

Wälder tragen einen essentiellen Beitrag zur biologischen Vielfalt der Erde bei, da sie eine viel größere Artenvielfalt beherbergen als manch andere Ökosysteme. Doch die Waldanteile sind nicht regelmäßig rund um den Globus verteilt. Mehr als die Hälfte der gesamten Waldfläche befindet sich in den fünf Ländern, Russland, Brasilien, Kanada, USA und China. Die stetige Abholzung der Wälder führt zu einem zunehmenden Verlust von bereits bedrohten Spezies. Zudem trägt die Rodung zum weltweiten Klimawandel bei.

1990 betrug die Waldfläche rund 41 Millionen Quadratkilometer. Im Jahr 2016 waren die globalen Wälder auf 39 Millionen Quadratkilometer geschrumpft, das entspricht ungefähr der doppelten Landfläche Russlands. Es ist jedoch zu erkennen, dass die durchschnittliche Rate des jährlichen Waldverlustes in den letzten drei Jahrzehnten von 72.000 auf 33.000 Quadratkilometer im Jahr gesunken ist. Als Vergleich verschwinden also jährlich rund 4,5 Millionen Fußballfelder Wald.

Vergleicht man den Verlust und Zuwachs der Waldanteile unterschiedlicher Länder, lässt sich erkennen, dass in Ländern wie Kambodscha, Indonesien und Brasilien die Waldanteile in den letzten dreißig Jahren stetig gesunken sind. Währenddessen steigen in Ländern wie Österreich, China und Spanien die Waldanteile von Jahr zu Jahr. Zudem ist auch ersichtlich, dass die Waldfläche in Ländern mit einem geringeren Einkommen viel mehr abnimmt als in Ländern mit einem höheren Einkommen.

Regenwälder – die Lunge der Erde

Wenn man an Regenwald denkt, stellt man sich immer noch weite Strecken grüner, mächtiger, feuchter Wälder vor, voll von exotischen Tieren und Pflanzen. In der Realität steht es aber sehr schlecht um den weltweiten Bestand des Regenwaldes.

Niemand kann genau errechnen, wieviel Regenwald tatsächlich vernichtet worden ist. Eine Vielzahl an Hochrechnungen und Messungen ergibt aber offiziell, dass die Menschheit in nur einem Jahrhundert die Hälfte des Regenwaldes zunichte gemacht. Man schätzt, dass von den weltweit etwa 13,4 Millionen vorhandenen Hektar tropischer Regenwälder pro Jahr 50.000 bis 60.000 Hektar gerodet werden. Allerdings berücksichtigt diese Zahl nur die drei größten Regenwaldgebiete, tatsächlich liegen die jährlichen Regenwaldverluste sehr wahrscheinlich höher. 

Im Jahr 2016 hat die Menschheit ihren eigenen Rekord gebrochen: eine bis dahin unübertroffene Zahl von 30 Millionen Hektar wurden gerodet. Das entspricht in etwa der Größe des Landes Italien. Zwar sind die Zahlen seitdem wieder am Sinken, aber dennoch verschwindet der Regenwald in bedrohlich hoher Geschwindigkeit. Das Tempo, in dem Regenwald abgeholzt wird, beschleunigt den Klimawandel und sorgt für rapides Artensterben auf der ganzen Welt, nennt man den Regenwald doch die „Lunge der Erde“.

Der Regenwald nimmt knapp die Hälfte aller Waldflächen der Erde ein. In ca. 70 Ländern gibt es tropische Regenwälder, die wichtigsten sind das Amazonas-Becken, das Kongo-Becken und der südostasiatische Regenwald. Zusammen nehmen diese drei Regenwälder etwa ein Drittel der gesamten Waldfläche auf unserem Planeten ein.

Den höchsten Anteil an Regenwald hat Amazonien, wobei alleine in Brasilien die Hälfte dieser Fläche liegt. Dazu passt auch, dass dieses Land die höchste Verlustrate an Wäldern hat. Innerhalb eines Jahres (2018) waren es 1,35 Millionen Hektar. 

Dem folgt die zweitgrößte Regenwaldzone in der Demokratischen Republik Kongo. Es gibt im Kongo-Becken 3 Millionen Quadratkilometer Regenwald, die Verlustrate ist ebenfalls an zweiter Stelle – 2018 waren es 0,5 Millionen Hektar. 

In Südostasien erstreckt sich mit 2,4 Millionen Hektar die drittgrößte Regenwaldregion der Erde. 920.000 Hektar liegen in Indonesien, wo auch die Waldverlustrate mit 0,34 Millionen Hektar am dritthöchsten war. Weitere Gebiete liegen z.B. in Kambodscha, Bangladesch, Indien, Malaysien, Taiwan und Vietnam.

Warum verliert die Erde an Waldfläche?

Eine wichtige Frage ist: Was verursacht den Waldverlust? Und wie wird es sich in Zukunft entwickeln? Eine Studie vom World Resources Institute zeigt, dass es verschiedene Gründe für das Sterben der Wälder gibt, die alle unterschiedlich stark ihren Beitrag dazu leisten. Generell wird zwischen fünf Gründen unterschieden: Rohstoffgetriebene Abholzung, Forstwirtschaft, Verlagerung der Landwirtschaft, Urbanisierung und Waldbrände.

Rohstoffgetriebene Abholzung
Die rohstoffgetriebene Abholzung ist mit 27% die Hauptursache für den Baumverlust in den Jahren 2001 – 2015. Dies entspricht einer abgeholzten Fläche von etwa einem Viertel der Größe Indiens. Diese Art von Waldverlust zeichnet sich dadurch aus, dass die Waldflächen zu etwas anderem „umgewandelt“ werden. Bäume werden gefällt, um Platz für Aktivitäten wie Landwirtschaft, Bergbau sowie Öl- und Gasförderung zu schaffen. Die rohstoffgetriebene Abholzung kommt vor allem in den Tropenwäldern Lateinamerikas und Südostasiens vor.

Forstwirtschaft
Forstwirtschaft als Grund mit 26% betrifft vor allem die Naturwälder und Baumplantagen Nordamerikas, Europas, Russlands, Chinas, Südbrasiliens, Chiles, Südafrikas und Australiens. In den meisten Fällen handelt es sich bei diesem Verlust an Baumbestand um ein vorübergehendes Phänomen im Zusammenhang mit der geplanten Ernte und dem Nachwachsen von Bäumen für den Vorrat an Holzprodukten. Es hat sich als ein Mechanismus herausgebildet, um sicherzustellen, dass die Ernte- und Nachwachszyklen der Bäume gut gesteuert werden, was neben anderen sozialen und ökologischen Vorteilen zu einer nachhaltigen langfristigen Versorgung mit Holzprodukten führt.

Verlagerung der Landwirtschaft
In tropischen Regionen praktizieren lokale Gemeinschaften eine traditionelle Wanderfeldbauweise, bei der Land gerodet und für den kurzfristigen Anbau von essentiellen Pflanzen verbrannt wird. Nach der Ernte wird das Land verlassen, damit sich die Wälder regenerieren können. Diese und andere Formen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sorgen für einen Verlust von 24% der weltweiten Baumbestände.
Die Auswirkungen und die Dauerhaftigkeit dieses Verlustes sind von Ort zu Ort unterschiedlich. In Teilen Perus werden die sich verlagernden Anbauzyklen gut verwaltet und tragen zu einer stabilen Mosaiklandschaft aus Landwirtschaft und regeneriertem Wald bei. In anderen Gebieten, wie z.B. in der Demokratischen Republik Kongo, verstärkt das rasche Bevölkerungswachstum den Druck auf das Land, was zu kürzeren Brachzeiten, geringeren Möglichkeiten der Waldverjüngung und langfristiger Walddegradierung führt. Die Ausdehnung von Mosaiklandschaften kann auch auf Kosten vom Menschen unberührter Wälder gehen, die für die biologische Vielfalt und die Kohlenstoffspeicherung von besonderem Wert sind.

Waldbrände
Waldbrände kommen vor allem in den nördlichen Wäldern Kanadas und Russlands vor. Einige Brände entstehen auf natürliche Weise und sind ein wichtiger Teil der ökologischen Sukzession. Andere werden jedoch vom Menschen verursacht, entweder direkt durch absichtliche oder zufällige Entfachung oder indirekt durch den vom Menschen verursachten Klimawandel, der zu einer erhöhten Feuerhäufigkeit führt. In den Vereinigten Staaten sind die Probleme mit Waldbränden dort am stärksten ausgeprägt, wo Häuser und Wildlandvegetation aufeinander treffen. Wälder, die von Waldbränden betroffen sind, regenerieren sich in der Regel im Laufe der Zeit allmählich, aber extreme Brände, die häufig durch den Klimawandel verschlimmert werden, können sich nachhaltig auf den Lebensraum der Wildtiere, die Kohlenstoffspeicherung und den natürlichen Feuerzyklus der Landschaft auswirken.

Urbanisierung
Mit 0,6% hat die Urbanisierung, also die Verdichtung von menschlichen Siedlungen und Wohngebieten, am wenigsten Einfluss auf das Verschwinden von Wäldern. Bäume in und um Städte herum tragen zu sauberer Luft und sauberem Trinkwasser sowie zur Regulierung von Regenwasserabfluss und städtischen Überschwemmungen bei. Der Verlust an Baumbestand wird wahrscheinlich zu erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen und einer verminderten Lebensqualität für Millionen von Stadtbewohnern führen.

Hier sieht man den prozentuellen Anteil der Gründe für das Waldsterben aufgeteilt nach vier ausgewählten Kontinenten:

Das veranschaulicht, dass es in jedem Kontinent andere Hauptgründe für das Verschwinden der Wälder gibt und diesen Gründen unterschiedlich viel Aufmerksamkeit von Politikern und Naturschützern geschenkt werden sollte. Der Verlust an Baumbestand im Zusammenhang mit Forstwirtschaft, Bränden und Verlagerung der Landwirtschaft ist oft nur vorübergehend, wenn die Wälder die Möglichkeit erhalten, sich zu regenerieren. Die Umwandlung von Wäldern für den Bergbau, die Öl- und Gasproduktion, die industrielle Landwirtschaft und die Verstädterung ist jedoch in der Regel dauerhaft.